Wasser in seiner schönsten Form
Herkules, Merkur und Augustus: Was die „Titelhelden“ der drei Prachtbrunnen mit dem Augsburger Wasser zu tun haben.
Für Brautpaare, die sich am Augsburger Standesamt das „Ja-Wort“ gegeben haben, ist er eine prächtige Kulisse für den anschließenden Empfang und erste Fotos der Frischvermählten: der Herkulesbrunnen, mitten auf der Maximilianstraße. Auch wenn der hoch aufragende antike Held, der mit der Flammenkeule in der Hand auf die vielköpfige Hydra einschlägt, kaum als Symbolbild für eine glückliche Ehe taugen mag, so überstrahlt die dramatisch angelegte Kunst dieses Prachtbrunnens doch alles.
Augsburgs Aushängeschild: Das Wasser
Herkulesbrunnen, Merkurbrunnen und Augustusbrunnen: Neben den historischen Wassertürmen am Roten Tor steht dieses Trio seit Jahrhunderten weithin sichtbar für den Wasserreichtum Augsburgs. Im Laufe zahlreicher Generationen entwickelte sich eine zuverlässige Wasserwirtschaft. Deshalb waren die drei Prachtbrunnen auch zentraler Bestandteil der Bewerbung der Stadt Augsburg um den Status Weltkulturerbe. Wenn sie auf den ersten Blick auch mehr Kunstwerk sind als zweckmäßige Versorgungseinrichtung, so haben sie doch stets ihren Teil dazu beigetragen, die Menschen in der Stadt mit Wasser zu versorgen.
Von Unterschieden…
Geschaffen wurden die drei Prachtbrunnen vor mehr als 400 Jahren. Gestaltet vom Bildhauer Hubert Gerhard und gegossen von Peter Wagner entstand als erster der Augustusbrunnen zwischen 1589 und 1594. Danach folgten der Merkurbrunnen von 1596 bis 1598 und anschließend der Herkulesbrunnen zwischen 1596 und 1602, die beide vom Künstler Adrian de Vries gestaltet und von Wolfgang Neidhart gegossen wurden.
…und Gemeinsamkeiten
Was alle drei gemeinsam haben: Sie zeigen historische Figuren und Motive, die mit der Augsburger Stadtgeschichte verknüpft sind – mal enger, mal loser. Als Gründer der Stadt steht Kaiser Augustus auf dem ersten Brunnen für den Stolz der Augsburger auf die Tatsache, dass hier schon im Jahr 15 vor Christus die Römer eine befestigte Siedlung anlegten und damit den Grundstein setzten für eine der ältesten Städte im Land. Mit dem Merkurbrunnen setzen die Bürger dem Gott des Handels ein Denkmal; immerhin war die Stadt unter berühmten Handelshäusern wie den Fuggern und den Welsern zur Weltbedeutung gelangt. Schließlich noch der antike Held Herkules, der seinen Ursprung in der Sagenwelt der alten Griechen hat.
Keine Nebensächlichkeiten
Von den Nebenfiguren sind natürlich die vier Gestalten auf dem Rand des Augustusbrunnens auf dem Rathausplatz die bekanntesten und wichtigsten. Die Figuren Lech und Wertach, Singold und Brunnenbach stellen dort die vier wichtigsten Wasser- und Energielieferanten des alten Augsburgs dar. Zwei wilde Männer und zwei anmutige Frauen zeigen mit ihren Attributen den vielfältigen Nutzen, den sie der Stadt bescherten, vom Fischfang bis zur Flößerei, vom Handwerk bis zum Pflanzenbau, vom Waldreichtum bis zur Goldschmiedekunst. Weil keine dieser vier Flussgottheiten ein Namensschild trägt, ist die Wissenschaft nicht ganz einig, welche Figur welchen Fluss repräsentiert.
Überraschungen für geduldige Beobachter
Sich die Zeit zu nehmen und genau hinzusehen, lohnt sich auf jeden Fall. Denn wie bei den beliebten Wimmelbildern lassen sich an den Brunnen wunderbare und oftmals überraschende Kleinigkeiten entdecken, die große Geschichten erzählen. Die kleine Figur zum Beispiel, die dem Handelsgott Merkur den beflügelten Schuh schnüren hilft: Es ist Amor, der Liebesbote. Ähnlich an Gestalt und Größe, sogar ebenfalls mit einem Pfeil bewaffnet, aber in einer ganz anderen Rolle finden sich am Herkulesbrunnen drei kleine „Gänswürger“. Einen wesentlich liebevolleren Umgang mit Tieren legen die vier Kinderfiguren am Augustusbrunnen an den Tag, die zärtliche wasserspeiende Delphine im Arm halten – Lebewesen also, die im Mittelmehr zuhause sind.
Figuren mit lokaler Geschichte
Erste Frage: Wie kommen ausgerechnet diese antiken Figuren nach Augsburg? Sie sind das Ergebnis einer Denkweise, die in den Jahrzehnten vor dem Brunnenbau das geistige Leben in der Stadt geprägt hat: der Humanismus, in dem das Leben und die Geschichte der Antike zu Leitbildern für die Gegenwart wurden. Vereinfacht gesagt dienten sie damals in ähnlicher Weise als Orientierungshilfen zur Bewältigung des Alltags, wie das heute zum Beispiel Feng-Shui oder Yoga tun.
Ein besonderer Reichtum
Was zur zweiten Frage führt: Was hat das alles mit dem Wasser zu tun? Schon die Gründung der Römersiedlung Augusta Vindelicum am Zusammenfluss von Lech und Wertach zeigt die strategische Bedeutung, die der Zugang zum wichtigen Lebensmittel Wasser für das Leben einer Stadt mit sich bringt. Über die Jahrhunderte hinweg haben die Augsburger dann das System der Wasserzufuhr in die Wohngebiete immer weiter perfektioniert – und damit langfristig Lebensqualität und Wohlstand gesichert. Jedem in der Stadt war bewusst, dass vor allem der Wasserreichtum auch Augsburg reich gemacht hatte; und das wollte man mit den Brunnen zeigen.
Die swa kümmern sich
Ein Thema, das sich an den Brunnen zeigt, spielt auch im Leben unserer Stadt eine wichtige Rolle: Die äußeren Kräfte, die auf Figuren und Stein einwirken, führen auf Dauer zu Schäden und Zerstörung – wenn man sich nicht darum kümmert. So wurden die drei Hauptfiguren schon vor Jahren durch Kopien ersetzt, die Originale stehen im Maximilianmuseum. Was die Wasserversorgung angeht, kümmern sich die swa mit Aufmerksamkeit und moderner Technik darum, dass der Augsburger Wasserreichtum den Menschen in der Stadt bis heute ungetrübte Freude bereitet.
Foto: swa/Thomas Hosemann