Trinkwasserenthärtung – muss das sein?
Beim Thema Trinkwasser stellen sich viele wichtige Fragen, zum Beispiel: Muss das Trinkwasser aus der Leitung enthärtet werden? Und wie sieht es hier in Augsburg aus?
Eiszeitlicher Kalkschotter, wie er im Untergrund der Augsburger Trinkwasserschutzgebiete verborgen liegt, verleiht dem Augsburger Trinkwasser seinen einzigartigen Geschmack. Hier nimmt es wertvolle Mineralien wie Calcium und Magnesium auf, deren Menge ausschlaggebend für die Trinkwasserhärte ist. Zudem sind Calcium und Magnesium unverzichtbarer Bestandteil unserer Ernährung. Darüber hinaus haben sie einen wesentlichen Anteil am Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, das den kalkabscheidenden oder kalklösenden Charakter des Wassers bestimmt. Sind sie spärlich oder gar nicht vorhanden, ist das Auftreten von Korrosionsproblemen in metallischen Rohrleitungen wahrscheinlich.
Das Trinkwasser in Augsburg hat einen ausgewogenen Mix an Mineralstoffen und enthält keine Schadstoffe wie Schwermetalle oder Hormone. Es unterschreitet die Grenzwerte der Mineral- und Tafelwasserverordnung bei Nitrat (10mg/l), Natrium (20mg/l), Fluorid (0,7mg/l), Nitrit (0,02mg/l) und Uran (0,002mg/l). Die Wasserhärte des Augsburger Trinkwassers beträgt 2,41 mmol und 2,48 mmol Calciumcarbonat pro Liter. Damit liegt seine Härte im mittleren Bereich und es muss für den privaten Gebrauch nicht enthärtet werden. Erst wenn das Wasser auf über 60 Grad Celsius erhitzt wird, können nennenswerte Kalkablagerungen entstehen. Kurz gesagt, gibt der Härtegrad an, wie viele Mineralien (Calcium- und Magnesiumgehalt) im Wasser enthalten sind.
Geräte entkalken statt Wasser enthärten
Nennenswerte Kalkablagerungen oder Kesselstein treten erst auf, wenn das Wasser auf über 60 Grad Celsius erhitzt wird. Die Brauchwasseranlage sollte deshalb auf diese Temperatur eingestellt werden. Wenn sich in Wasserkocher oder Kaffeemaschine Kalkablagerungen bilden, können diese einfach mit Zitronensäure entfernt werden. Es ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll, nur zu diesem Zweck eine zentrale Enthärtungsanlage zu betreiben.
Konventionelle Enthärtungsverfahren
Unbestritten lässt sich mit konventionellen Enthärtungsverfahren Wasser effektiv enthärten. Allerdings hat jedes Verfahren auch Nachteile. Folgende Methoden sind am geläufigsten:
- Ionenaustausch (Nachteil: Zugabe von Natrium führt zu „Aufsalzung“ des Wassers)
- Umkehrosmose (Nachteil: hoher Wasser- und Energieverbrauch)
- Destillation (Nachteil: sehr hoher Energieverbrauch)
Alternative Verfahren
Andere Verfahren setzen darauf, die Bildung von Ablagerungen und Kesselsteinen durch Strukturänderungen der Mineralstoffe zu vermeiden. Bisher ist jedoch nur bei wenigen Anlagen die Wirksamkeit nachgewiesen; diese dürfen sich mit einem Prüfsiegel des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) oder eines anderen Zertifizierers aus einem EU-Land schmücken.
- Elektrochemische Systeme: Einige dieser Geräte haben ein Prüfsiegel und damit ihre Wirksamkeit nachgewiesen.
- Heterogene Katalyse („Biomineralisation“): Es gibt kaum Geräte mit Prüfsiegel.
- Magnet- und Elektrofeldsysteme („Physikalische Kalkwandler“): Keine Geräte mit einem Prüfsiegel bekannt.
- Elektrogalvanische Systeme: Auch hier gibt es unseres Wissens keine Geräte mit Prüfsiegel.
Eignung für Trinkwasser ist wichtig
Wer den Einbau einer zentralen Enthärtungsanlage plant, sollte darauf achten, dass diese die hygienischen und technischen Anforderungen für Wasserinstallationen erfüllt. Anlagen, welche diesen Anforderungen genügen, tragen ein Zertifikat eines für den Trinkwasserbereich akkreditierten Zertifizierers, wie z.B. des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Patentnummern, TÜV, CE, VDE und ähnliche Zeichen sagen nichts über die Eignung der Geräte für den Trinkwasserbereich oder deren Wirksamkeit aus.
Wartung ist unerlässlich
Die Folgekosten für Verbrauchsmaterial und Wartung einer Enthärtungsanlage sind oft nicht unerheblich und sollten bei einer Anschaffung berücksichtigt werden. Für den hygienischen und gesundheitlich unbedenklichen Betrieb einer Enthärtungsanlage sind regelmäßige Inspektion und Wartung wichtig.
Brauchwassererhitzung exakt bei 60 Grad Celsius
Wenn das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht im Trinkwasser gestört wird, entsteht schwer löslicher Kesselstein. Das passiert, sobald die Wassertemperatur die Grenze von 60 Grad Celsius überschreitet. Geringere Temperaturen hingegen können das Wachstum von Legionellen fördern. Deshalb sollten Anlagen zur Brauchwassererhitzung bei exakt 60 Grad Celsius betrieben werden.
Foto: swa/ Martin Augsburger