#Lieblingsstadt: der Lech

Er war Wirtschaftsfaktor, Welterbe-Möglichmacher und ist für viele Augsburger einfach nur ihr Lieblingsort im Sommer: der Lech. Dem Parson Russel Terrier Pallino geht’s genauso. Und das, obwohl er auch schon schmerzhafte Erfahrungen mit dem Fluss machen musste.

Darf ich mich kurz vorstellen? Mein Name ist Pallino. Aus dem Italienischen übersetzt heißt das so viel wie „Schrotkugel“ – und das beschreibt mein Temperament eigentlich ganz gut. Aufgewachsen bin ich an der Isar. A echter Oberbayer oiso. Aber vor gut fünf Jahren hab‘ ich mein Körbchen zusammengepackt und bin an den Lech gezogen. Und was soll ich sagen: Ich würde mein Hundeleben nirgends lieber verbringen.

Mein Futter verdien ich mir als Office Dog bei einem Augsburger Verlag. Ich bin hauptsächlich dafür zuständig, mein Frauchen und ihre Kollegen zu beruhigen, wenn der Tag mal wieder richtig stressig wird. Das kann dann und wann ganz schön anstrengend für mich sein: Stellt euch mal vor, ihr müsstet den ganzen Tag gute Laune verbreiten.

Der Lech ist ein gebürtiger Allemanne

Um von meinem Alltag abzuschalten, gehe ich nach der Arbeit am liebsten an meinen Lech. Nirgends kann ich meinen Joballtag besser hinter mir lassen. In dem klaren Gebirgswasser könnte ich stundenlang Steinen hinterherjagen. Denn falls ihr es noch nicht gewusst habt: Der Lech entspringt unterhalb des Formarinsee. Das ist ist ein Hochgebirgssee im Lechquellengebirge in Vorarlberg. Das liegt zwar in Österreich, aber die Menschen dort sind Alemannen – wie die Allgäuer und die Augsburger auch. Dort ist dieser mächtige Fluss gerade einmal ein kleines Bächlein.

Rund 200 Kilometer hat der Lech dann schon zurückgelegt, wenn ich mich am meinem Lieblingsplatz in seinem Wasser spiele – und gut 50 Kilometer hat er noch vor sich, bevor er in die Donau fließt. Das passiert gegenüber von Marxheim, etwa zwölf Kilometer von Donauwörth entfernt. Auf seinem Weg nach Augsburg durchquert der Lech viele Seen, an denen ihr mich auch mal beim Tauchen finden könnt: beispielsweise den Forggensee in Füssen oder den Mandichosee in Merching. Wobei der Lech alles andere als gerade vor sich hin fließt. Er schlängelt sich vielmehr von Stadt zu Stadt und Dorf zu Dorf.

Augsburg hat seinen Wohlstand dem Lech zu verdanken

In der Geschichte Augsburg ist der Lech aber viel mehr als „nur“ ein wichtiger Naherholungsfaktor. Denn ohne Lech ist es fraglich, ob es ohne die „Licca“ – wie die Römer den Fluß nannten – die Stadt überhaupt gäbe. Denn deren Zenturien schlugen dort am Zusammenfluss von Licca und Vinda (der Wertach) vor über 2000 Jahren ihr Lager auf.

Erst durch den Lech hat sich die Fuggerstadt zu dem entwickeln können, was sie heute ist. Beispielsweise die Textilindustrie, für die Augsburg auf der ganzen Welt berühmt war. Schon im 14. Jahrhundert fingen die Augsburger damit an, den Lech in ihre Stadt umzuleiten. Straßennamen wie Vorderer Lech, Am Sparrenlech oder Brunnenlechgäßchen bezeugen das bis heute. Wasserräder sorgten für Energie, die Handwerksbetriebe wie Schmieden, Webereien und Gerbereien in der Altstadt dringend brauchten. Die Arbeit der Färber, die den gewebten Stoffen schöne Farben gaben, wäre ohne den Fluss vor der Tür nicht möglich gewesen. Außerdem wurden die Augsburger – und das ist nicht so schön – über den Lech auch ihr Abwasser los. Wusstet ihr, dass bei der Stadtmetzg tatsächlich mal eine Metzgerei war, unter der ein Lechkanal hindurchfloss? Dreimal dürft ihr raten, was mit den Schlachtabfällen passiert ist. Das finde sogar ich eklig – und ich fress fast alles ...

Doch nicht nur das Wasser des Lechs war ein Bestandteil des Aufschwungs von Augsburg. Auch „Auf dem Lech“ war ein Wirtschaftsfaktor: Bis ins 20. Jahrhundert hinein war der Fluss ein wichtiger Transportwege. Was heute Lastwagen und Züge bringen, brachten früher die Flößer über den Wasserweg. Ja, sogar ein Hafen mit Anschluss zur Donau war einmal geplant, dort, wo am Oblatterwall der Fünffingerlesturm steht.

Dem Lech hat es Augsburg sogar zu verdanken, dass es Welterbe wurde. Denn ohne das Wasser wäre auch hier nix gegangen. Denn Teil des Welterbes sind beispielsweise der Hochablass, die Lechkanäle, die durch die Altstadt fließen, und die vielen Wasserkraftwerke, in denen aus dem Wasser des Lechs Energie gewonnen wird und wurde.

Auch am Lech gibt’s „dumme Hunde“

Für mich ist der Lech – wie für viele Augsburger – vor allem eines: der schönste Platz, um meine Freizeit zu genießen. Leider gibt’s auch ein paar dumme Hunde, die auf den Kiesbänken des Lechs grillen und feiern und dann keine Lust haben, ihren Müll mitzunehmen. Ich selber habe mir die Pfote schon mal an einer Glasscherbe aufgeschnitten. Das tat ganz schön weh und ich hab mehrere Wochen humpeln müssen, so tief war die Wunde.

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Aber: Ein Parson Russel Terrier, wie ich einer bin, kennt keinen Schmerz. Und mittlerweile ist auch alles wieder verheilt und vergessen. Umso mehr genieße ich es, mit meinem Frauchen am Ufer zu sitzen, meine Pfoten ins kalte Wasser zu stecken und kiloweise Steine aus dem Lech zu tauchen. Und das – obwohl ich gebürtiger Oberbayer bin – natürlich auf der „guten Seite“ des Lechs.

Fotos: swa/Constanze Meindl

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