Gemeinsam nachhaltig: Der Wächter des Augsburger Stadtwaldes
Er ist Ruhepol, Naherholungsgebiet und die grüne Lunge der Stadt: Der Augsburger Stadtwald sorgt für frische Luft und klares Wasser. Damit das auch so bleibt, passt Jürgen Kircher, Leiter des Augsburger Stadtforstamtes, gut auf ihn auf.
Der Wald ist ein vielfältiger Ort. Mal ist er finster, gar gruselig, so wie im Märchen. Andere Male steht „Wald“ für Ruhe und Erholung in der Natur. Doch ganz so natürlich, wie man oft denkt, ist der Wald eigentlich gar nicht. Damit die Bäume gesund und kräftig wachsen können, bedarf es einer Menge Pflege. „Wenn wir den Augsburger Stadtwald sich selbst überlassen würden, würde er sein Gesicht verändern und labil werden“, weiß Jürgen Kircher, Leiter des Stadtforstamtes. „Und das wäre nicht besonders nachhaltig.“
„Nachhaltig“ gibt es seit über 300 Jahren
Dazu muss man wissen: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. „Im frühen 18. Jahrhundert wurde das Holz knapp. Da lernten die Menschen: Wer nur so viele Bäume fällt, wie nachwachsen können, kann den Wald auch in Zukunft nutzen. Genau das bedeutet Nachhaltigkeit. Das weiten wir auf alle forstlichen Bereiche aus: Nicht nur im Umgang mit den Ressourcen sondern auch zum Beispiel die Biodiversität muss nachhaltig bleiben. Sonst würden noch mehr Arten aussterben“, erklärt der Förster, während er mit seiner treuen Hündin Anna durch das Dickicht stapft. Ihm obliegt die Verantwortung für die Wälder im Augsburger Stadtgebiet und im weiten Umland. „Wir bewirtschaften insgesamt 7.700 ha Wald der in vier verschiedenen Regierungsbezirken liegt. Dieser Wald wird geschützt und genutzt, deswegen gehört es zu unseren Aufgaben, stets aufzuforsten, wenn sich der Wald nicht natürlich verjüngt. Dabei setzen wir auf eine Vierbaumstrategie“, beschreibt Jürgen Kircher das Vorgehen der Forstverwaltung.
Konkret heißt das, dass er und seine Kolleginnen und Kollegen auf jeder Fläche mindestens vier verschiedene Baumarten pflanzen. So erreicht man eine gewisse Biodiversität, wodurch der Augsburg Stadtwald für die Zukunft gewappnet ist. „Die nachhaltige Forstwirtschaft ist für die nächsten Generationen essenziell. Deswegen pflanzen wir Bäume, von denen Wissenschaftler ausgehen, dass ihnen auch unser zukünftiges Klima gefallen wird“, führt er weiter aus. Verträgt eine der vier Baumarten ein späteres Klimaszenario doch nicht, ist die Fläche dank der anderen drei Arten trotzdem bewaldet.
Der Augsburger Stadtwald – Quelle für Sauerstoff und Wasser
„Aber auch im Hier und Jetzt ist die Pflege des Augsburger Stadtwaldes enorm wichtig: Wir müssen durchforsten, also immer wieder, mäßig aber regelmäßig, einzelne Bäume herausnehmen, sonst kann sich der Wald nicht verjüngen“, erläutert der Förster. Das könnte weitreichende Folgen haben. Die hohe Qualität des Augsburger Trinkwassers würde darunter zum Beispiel leiden: Kommt der Wald in das sogenannte Zerfallstadium oder entstehen große Löcher durch Windwurf oder Insektenfraß, können verschiedene Einlagerungen aus dem kahlen Boden und der Umgebung ins Grundwasser gewaschen werden. Das Leitungswasser könnte dann nicht mehr unbehandelt aus dem Hahn sprudeln.
Der Augsburger Stadtwald sorge aber auch für frische Luft, fügt Kircher hinzu: „Besonders der Lechauwald und der Wertachauwald sind eine Quelle für Sauerstoff. Durch den Luftaustausch können wir in der Stadt immer tief durchatmen. Und kühl und frisch ist die Waldluft allemal“. Auch beim Abbau von CO2 spielt der Augsburger Stadtwald eine große Rolle, denn er absorbiert einen Teil des von den Menschen ausgestoßenen Gases. „Ein Hektar Wald verschlingt acht Tonnen CO2 pro Jahr. Das ist der durchschnittliche Ausstoß dieses klimaschädlichen Gases eines Bundesbürgers. Dennoch muss jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen und seinen persönlichen CO2-Abdruck verringern“, betont der Forstamtsleiter.
Bewusster Konsum für die Zukunft
„Wir wohnen in einem kleinen Dorf, da muss man das vermutlich anders umsetzen, als in der Stadt. Dazu gehört, auf seine Umwelt und die Nachbarschaft zu achten. Das bedeutet dann auch mal mit anzupacken und sich im Dorf zu engagieren“, erläutert Jürgen Kircher. „Aber auch beim Konsum legen wir viel Wert auf Regionalität“, verrät der Forstamtsleiter. Besonders bei Fleisch achte er auf die Herkunft. „Die Tiere im Augsburger Stadtwald haben ein schönes Leben, unser Wild kann man, aus ökologischer und Tierwohlsicht, mit gutem Gewissen essen“, betont der Förster. Die Tiere werden natürlich nicht nach Lust und Appetit geschossen, sondern um ihren Bestand im Zaum zu halten. Einige Arten, wie das Rehwild, frisst gern frische Knospen; bei einer Überpopulation könnten die jungen Bäume also nicht nachwachsen.
„Die Jagd ist deswegen notwendig. Natürlich wird dann das Fleisch verwendet. Und ganz ehrlich, wenn man weiß, wo ein Lebensmittel herkommt, schmeckt es noch viel besser“, findet der Förster. Deswegen halten er und seine Familie auch Hühner. „Wir bauen auch einige Gemüsesorten an und wenn wir mal Lust auf Rind haben, beteiligen wir uns zusammen mit dem Nachbarn an einer Kuh, die aus der Gegend stammt“, erzählt Jürgen Kircher aus seinem Alltag. Wichtig ist ihm beim Thema Nachhaltigkeit aber vor allem eines: „Ich möchte so leben, dass meine achtjährige Tochter und die nächsten Generationen diese Welt auch genießen können.“
Teil 2 des Interviews mit Jürgen Kircher lesen
Fotos: swa / Bernd Jaufmann
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